Heimatkalender im Juli: Thema Landwirtschaft und Tierproduktion

Links oben sieht man ein Bild mit Nachkömmlingen schwarzbunter Zuchtbullen, die von Kuhberger Landwirten aus den Niederlanden importiert wurden .

Früher waren nahezu 100% der Kuhberger in der Landwirtschaft tätig: in Gemischtbetrieben, also Tier- und Pflanzenproduktion. (Rinder, Schweine, Schafe und Geflügel wurden gehalten.) Es war eine kleine Hochburg der Rinderzucht in dieser Zeit. Die Färsen (Hausrind; Anm.d.Red.) und Kühe waren „Zweinutzungsrinder“, also gut für Milch- und Fleischproduktion. Solche Tiere sieht man heutzutage nur noch beim Deutschen Schwarzbunten Niederungsrind, wovon man jetzt noch eine sogenannte „Gen-Reserve“ hat. Die über 2700 Rinder – davon 1500 in Brandenburg – sind beliebt bei Ökobetrieben und zunehmend auch bei Rinderzüchtern, die den Körperbau ihrer Kühe nachbessern wollen. Aktuelle  Durchschnittsleistung etwa 6800 kg Mich/Kuh/Jahr, mit 4,16% Fett und 3,50% Eiweiß. (*1), (Holstein Friesische Schwarzbunte liefern durchschnittlich etwa 9000 kg Milch/Kuh/Jahr) Milchviehproduzenten werden heute durch Discounter aus Wettbewerbs-/Kostengrunden „getrieben“ , um ca. 12000 kg Milch pro Kuh im Jahr liefern zu können und somit einen niedrigen Kostpreis zu erreichen…, wenn man nicht selber eine „Allianz mit den Verbrauchern“ schmiedet…)(*2)

Der „Stammbaum“ rechts oben im Kalender zeigt den Zusammenschluß der Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaften zum „LPG 9. Parteitag Zernitz“. (Von LPG Freies Land , Buhlendorf, mit LPG Völkerfreundschaft Zernitz).

In Kuhberge gab es nach dem 2. Weltkrieg viele (familiäre) Landwirtschaftsbetriebe: Demmel, Lutze,  Els, Steffen, vorher Hahne, Bergt, vorher Specht, Schulze, Engerer, Sachse, Schlecht, Thiemann und Schröter (bis +/- 1950). Der Betrieb Schröter wurde nach deren Flucht  ein Ö.L.B. (*3), vor der LPG ab 1952.

Die Politik der DDR hatte großen Einfluss auf die Struktur der Landwirtschaftsbetriebe, die sich bald als Landwirtschaftliche Produktions- Genossenschaften zusammenschließen mussten.

„Vom eigenen, privaten Landwirtschaftsbetrieb zur LPG Typ 1, war es für viele nicht leicht: Drei Jahre vorher noch ein „Lanz Bulldog“-Schlepper gekauft, ein Betrieb, der gut läuft und dann der Pflichtzusammenschluss zur LPG Tiefland. Für mich brach eine Welt zusammen.“ (Heinz Sachse).

LPG Tiefland Kuhberge, gegründet 31.03.1960, War ein Typ 1 Betrieb, d.h. Feldwirtschaft musste zusammen gemacht werden und Tierproduktion war privat. Es gab leider wenig Feldtechnik.

Milchproduktion: Vor 1960 hatte man aber schon Vakuumpumpen, um 2 Kühe gleichzeitig melken zu können. Später kam dann die Milchrohrleitung, um das beschwerliche Kannenschleppen zu umgehen. Die Molkerei Lindau  hat die Milch abgenommen. In den 50er Jahren ging die Milch dann nach Zerbst. Der Transport der Milchkannen erfolgte abwechselnd von den einzelnen Bauern. (Milch von LPG Typ 3 ging auch nach Dobritz).

Zurück zum Bild rechtsoben:

  1. x.1970: Zusammenschluss der LPG Typ 1 aus Kuhberge, Zernitz und Strinum zum LPG Typ 3 Völkerfreundschaft (Noch mit Tier- und Pflanzenproduktion zusammen).

Mit:

„Freie Erde“ 31.12.1952

“1. Mai“ 22.3.1960

„Goldener Morgen“ Zernitz (29.3.19XX)

„Tiefland“ Kuhberge (31.3.1960)

„Nuthe-Ufer“ Strinum (15.4.1960)

1.1.1970 Würde Heinz Sachse Vs. Der LPG Typ 3 „Völkerfreundschaft“.

1.1.1973 gab es dann eine staatlich verordnete Trennung in:

LPG Tierproduktion Zernitz „9.- Partei-Tag“, 100 Mitarbeiter

LPG Tierproduktion Buhlendorf  „Freies Land“, 100 Mitarbeiter

LPG Pflanzenproduktion „Völkerfreundschaft“, 240 Mitarbeiter inkl. Buhlendorf

Rechtsmittig sieht man Lothar Kirchhof, der die rechts unten abgebildete Herde von Schafen und Ziegen hütete. (2007)

Schäfer Rainer Kirchhof aus Strinum hatte die Schäferei von seinem Vater übernommen und hatte dabei Hilfe von seinen Brüdern und Kindern der Familie Kirchhof. Zu DDR- Zeiten war Schafszucht gut bezahlt, sowohl das Fleisch, als auch die Wolle. Nach der Wende war es wirtschaftlich viel schwieriger, da die Erzeugerpreise sehr niedrig waren. Mittels Hüten auf Stoppelfeldern und extensiven Grünländern versuchte man die Futterkosten niedrig zu halten, trotzdem war es schwierig. Dann gab es einen schweren Sturm, der dem Schafstall das Dach abdeckte, was somit das Aus für die Schäferei bedeutete. Mir sind die gut gepflegten Wegesränder und die lebendige Herde, die uns beim Autofahren öfter  „e n t s c h l e u n i g e n“  ließ, noch immer in Gedanken…..    etwas Schönes fehlt heutzutage bei uns!!!(*4)

Mittig: das große Bild zeigt Milchhof Nuthewiese GmbH eine moderne Milchviehanlage der Familie Anita und Otto Bouwmeester.

Ursprunglich ist diese Milchviehanlage gebaut durch die LPG IX. Parteitag: Den rechten Stall 1974, den linken Stall 1984, für 550 Milchkühe in Anbindehaltung. Die Kühe standen auf einer Gummi- Matte zum liegen, dahinter lag ein Rost zum Koten. Oberhalb war eine gläserne Milchleitung. In der Weidesaison liefen die Kühe auf der Weide und kamen zum Melken in den Stall zurück. Etwa 22 Leute waren im Stall beschäftigt mit Tierversorgung während dem Melken und Füttern. Die Jungtieraufzucht fand damals in Flötz statt, wo eine große zentrale Jungrinderaufzucht für weibliche Tieren war. Die Bullenkälber gingen in zentrale Bullenmastbetriebe wie z.B. Klein Wanzleben.

Nach der Wende war es auch für Milchviehbetriebe sehr schwierig zu überleben. Die Erzeugerpreise sanken sehr schnell und die Erzeugungskosten sanken auch nicht so schnell wie die Erzeugerpreise. (Verbraucher kauften erst neuere, besser vermarktete Molkerei-Produkte, die die hiesigen Molkereien noch nicht gleich hatten)*5 Die LPG IX. Parteitag ging in Liquidation.

AgriCo Lindauer Naturprodukte eG (vorher nur Pflanzenproduktion) kaufte die Milchviehanlage und investierte sehr viel in den Komfort für die Kühe und die Rationalisierung der Milchproduktion. Die Ställe wurden bis 1995 komplett auf Freilaufställe mit viel Kuhkomfort, mit Liegeboxen und teilweise Pottställen (vollständig mit Stroh) umgebaut. Auch wurden die Ställe luftiger und heller. Gemolken wurde in einem sogenannten „Fischgrätenmelkstand“ mit 24 Melkplätzen. Obwohl die Milchleistung und Tiergesundheit sehr gut war, (genau wie die Grobfutter-Versorgung  und sehr engagierte Mitarbeiter im Betrieb) war eine langfristig gewinnbringende Milchproduktion schwierig. Dafür waren wieder große Investitionen notwendig!

Die Milchviehanlage wurde deswegen 2004 an die niederländische Familie Anita und Otto Bouwmeester verkauft, wobei auf dem Gebiet Pflanzenbau und organischer Stoffkreislauf (*6)  sehr gut mit der AgriCo Lindau zusammengearbeitet wird.

(*6) Stoffkreislauf; Mist, Gülle, Gärreste sind Nährstoffe für Pflanzen. Beim Ernten (Getreide, Rüben, Grass, Mais etc.) werden diese von den Flächen entnommen und sind danach Nährstoffe für Mensch und Tier. Diese „Hinterlassenschaften“ sind anschließend in Form von Mist, Gülle, Gärresten, Klärschlamm (Menschliche….) wieder verfügbar als Nährstoffe für Pflanzen …

Familie Bouwmeester sind mit Herz Rinderhälter und haben noch mehr in Kuhkomfort und Umwelteffizienz investiert: Zwischen den Ställen entstand ein neues Melkzentrum mit Platz für 54 Kühe und eine sehr luftige Überdachung.

Ökologische Stromerzeugung gibt es auch: Es wurde in eine Biogasanlage investiert, die aus Rindergülle Strom und Wärme erzeugt und ins Stromnetz eingespeist wird. Die Gärreste aus dieser Anlage werden mittels moderner Technik effizient „emissionsarm“ (= riecht weniger) in einem sogenannten „Schlitzverfahren“ auf Acker und Weide gebracht und ist somit sehr nützliche Pflanzennahrung.

Vielen Dank an Herrn Heinz Sachse, Heinz Lutze und Herr Werner Ritter für die vielen schönen Gespräche, die schönen Bilder und interessante Informationen dazu!!!  In kommenden Auflagen des Heimatkalenders weiteres zum diesem Thema mit euch teilen. Weitere Bilder und Informationen sind von jedermann sehr willkommen und hilfreich beim Heimatkalender-Projekt!!!!

Quellenbezug;

(*1)Bauernzeitung 27/2017, Zweispurig Fahren, Anja Nährig.

(*2,4,5) Persönliche Einschätzung/ Erfahrung, Maarten Sillekens.

 (*3): Öffentlicher Landwirtschafts- Betrieb: So wurden Betriebe genannt, deren Eigentümer in die Bundesrepublik gezogen waren; öfter jedoch mit  einem SED-Parteimitglied als Betriebsleiter (wobei Parteibindung oft wichtiger war als Betriebsleiterfähigkeit…….)

Maarten.

 

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