Der Juni in unserem Heimatkalender

Das Juni Bild  vom Heimatkalender zeigt erneut ein Motiv vom „Strinchen Freitag“. Unser „Strincher Freitag“ ist so bedeutend, dass er sogar in einem Buch beschrieben wurde.

Es folgt die Abschrift aus „Ein immer fröhlich Herz“ von Erich Elster 1965 – Rupa Druck, Dessau, 4. Auflage:

Der Zerbster Kreis ist ein Kreis, der bis in unsere Zeit hinein an altem Brauchtum festgehalten hat. Besonders um Pfingsten herum waren allerlei Bräuche im Schwange, Professor Dr. Wirth berichtet darüber ausführlich in seiner, Anhaltischen Volkskunde`´.

Einen Brauch aber hatte er nicht erwähnt: Das ist der Strinche Freitag. Dieser Freitag nach Pfingsten gehört der Jugend von Stadt und Land. Für uns Primaner war es ein ungeschriebenes, aber gültiges Gesetz, das uns sogar von Seiten der Schule Straffreiheit zusicherte, dass wir geschlossen an diesem Strinchen Freitag teilnahmen. Auch die Schülerinnen der 1. Klasse vom Lyceum fanden sich am Nachmittag in Strinum zum PlanTanz vor Vaters Fischers Gasthof ein.

Die berühmte Angersche Kapelle aus Zerbst träterte zum Kaffeetrinken, bei dem Mutter Fischer die köstlichen Herzwaffeln herumreichen ließ, und dann begann der Tanz im Freien auf Brettern, die mit Tannennadeln bestreut waren. Dabei kamen auch die Alten zu ihrem Recht: sie auf diese Weise den Walzer, Backe an Backe tanzen zu sehen  oder Polka Mazurka und „Hacke, Spitze, eins – zwei – drei.“ Der Höhepunkt des Altentanzes war „Siehste woll, da kimmte, jroße Schritte nimmte.“

Wir Jungen versuchten, uns den Alten etwas anzupassen, aber dann durchbrachen wir die die steifröckige Tanzweise und sausten über die glatten Bohlen oder wiegten uns im sehnsuchtsvollen Walzertakt.

Das Abendbrot war eine Verschnaufpause. Für 35 Pfennige erhielten wir ein großes Brot mit prachtvollen Landschinken. Und dann ging`s weiter mit Singen, Trinken und Tanzen. Um Mitternacht spielte die Kapelle den „Kehraus“:

Die Fahrräder wurden hervorgeholt: heimwärts fahren die Zerbster. Vor uns radelte die Angersche Kapelle. Als letzter der Bassgeiger. Ich glaube, er hieß Fritze Schiebeling. Ihn auf dem Rad mit der Bassgeige zu sehen, umgeben von hellem Mondschein: ein Bild zum Malen.

Auf dem „Vogelherd“ wurde ein kurzer Abschiedstrunk genommen. „Aufgesessen!“ rief der Musikmeister. Wir nahmen unsern Weg nicht durch die Vorstadt, den „Ankuhn“, sondern an der Nuthe entlang über die „Buschmühle“. Hier rauschte das Wasser über ein knarrendes Mühlrad, wie in Eichendorffs oder Wilhelm Müllers Gedichten. Wenn man um die Buschmühle herumfuhr, dann musste man aufpassen, dass man die Kurve nicht zu kurz nahm. Das ist aber schwierig, wenn man dem Durstverlangen zu sehr nachgegeben hat. So kam es, wie es kommen musste: Der Bassgeiger hatte nicht mehr die rechte Kurvensicherheit. Ehe wir uns versahen und ehe wir ihm zurufen konnten, nahm er die Kurve zu kurz und radelte mit Schwung in die Nuthe hinein, deren Wellengeplätscher sich wie höhnisches Kichern anhörte. Die Kapellenbrüder machten halt, wir waren auch abgestiegen und sahen, was geschehen war: Fritz Schiebeling saß nicht mehr auf dem Fahrradsattel, sondern schwamm, auf dem Bass sitzend, langsam die Nuthe abwärts. Da fragte Anger ganz empört: “Fritz, ist der Baß in´n Arsch? (Das ist ein volkstümlicher Ausdruck, wenn etwas kaputt gegangen ist.)

Aus dem Wasser scholl die Antwort: “Nee Meester! Aber der Arsch ist in´n Baß!“ Unter lautem Lachen holten wir den unfreiwilligen Kahnfahrer aus der Nuthe.

Der Bass wurde später wieder so in Ordnung gebracht, dass Fritze auf einer großen Bauernhochzeit, von dem Brautvater durch einen Taler angeregt, ein Lied auf seiner Bassgeige spielte, zu dem er die seltsamen Worte sang:

 

„Wat!Wat!

Wat is denn dat?

Dat is ne Biene,

sum didel-dum,

sum didel-dum,

eene von miene!

Sum didel-dum

Dum!“

 

Diese Quelle hat uns freundlicherweise Herr Helmut Hehne aus Zerbst zur Verfügung gestellt.

Und auch das Folgende ist von ihm:

 

Was machen wir am Wochenende?

Eine überflüssige Frage. Was gemeinsam beschlossen wird, muss man erfüllen.

„Wir fahren zum Strinchen Freitag.!“

Die drei jungen Männer Hempel, Stifte und ich machten dazu unsere Fahrräder extra schön schmuck. So wurden in den Speichenrädern Girlanden aus farbigem Krepppapier eingelegt. Immer öfter gehörte die Fahrt zu Tanzveranstaltungen auf den Dörfern bei den Zerbstern zu einem gelungenen Zeitvertreib in den 60 er Jahren.

Also wurde ein Urlaubstag geopfert, denn in Strinum fand das Spektakel an einem Freitag nach Pfingsten statt. Eben der „Strinche Freitag:“

Die Fahrt ging über Badewitz – Straguth nach Strinum.

Denn in Badewitz hatte sich etwas getan mit Stifte und der schönen Kneiperstochter. Bei der Strinumer Mühle wurde erst mal Halt gemacht, um nach eventuellen Fischen zu sehen.

 

Endlich dann in Strinum angekommen, war schon das Treiben in vollem Gange. Bei der Gastwirtschaft von Fischer an der Ecke wurde bei uns erstmal der Durst gelöscht.

Warum nebenan in der Schmiede noch das Schmiedefeuer brannte, war uns ein Rätsel. Der Hunger war auch groß. Und so erbettelten wir uns jeder eine Bockwurst vom Gastwirt Fischer. Herzlich haben wir diese in uns rein gegessen. Schon mal die Mädchen durchgucken, ob nicht was „Brauchbares“ dabei ist?

Aber etwas nach unserem Geschmack war nicht dabei. Nach einigen Tänzen der Kapelle des dicken Danneberger ging unsere Fahrt weiter, denn der „Vogelherd“ hatte sich angeschlossen an die Feierlichkeit und auch einen Tanzabend veranstaltet. Da mussten wir auch noch hin. Hier waren die Ankuhner Mädchen stark vertreten, aber da konnten wir nicht landen. Einmal waren wir arm und galten als „Nestbeschmutzer“.

Fuhren wir eben nach Hause und Sonntag ging es wieder in den Volkspark.

 

Hier habe ich noch einige Meinungen eingefangen:

Gemütlich, Zusammenhalt und viel Spaß.

(Andreas Spindler, 71, Zerbst)

 

Wir waren früher oft da, es hat immer viel Spaß gemacht. Lecker Kuchen!

(Paul Mittelstraß,77, Zerbst)

 

Der Strinche Freitag war immer schön, viel Besuch. Wir sind gerne hingefahren.

( Frieda Kauka, 84, Zerbst)

 

Sehr familiär und der Kuchen war lecker. Alles gut geklappt, wir waren immer glücklich. Das war Gesetz, das wir dort hingefahren sind.

( Reina Vandrey, 79, Zerbst)

 

Ich sag: „wer braucht schon große Feste, denn die kleinen dauern länger…

(Manuel Bunde, 33, Zerbst)

 

Der Strinche Freitag war immer ein Highlight, der war legendär.

(Kai Wesenberg, 33, Zerbst)

 

Mit diesen Worten möchte ich schließen, sie sagen alles aus. Wir vom Nuthe-Blättchen-Team würden uns sehr freuen, wenn der Eine oder Andere auch seine Erinnerungen mit uns teilt.

 

Liebe Grüße

Eure Beatrix Haake

 

 

 

 

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